Zur Geschichte der Zunft
Die Schützenvereine (auch Schützenzünfte oder -gilden) in ihrer heutigen Form entstanden im frühen 19. Jahrhundert in Folge der napoleonischen Kriege, ihre Ursprünge haben sie jedoch bereits in den Städten des Mittelalters. Älteste urkundliche Erwähnungen von Schützengilden stammen aus dem zwölften Jahrhundert. In unserer unmittelbaren Nachbarschaft existieren Schützenvereinigungen nachweislich bereits seit 1426 in Mölln, seit 1531 in Ratzeburg und seit 1588 in Rehna.
Im Laufe der Geschichte – besonders nachdem durch das Schießen auf Zielscheiben das exakte Messen möglich wurde – fand in den Schützenzünften eine Verlagerung von der ursprünglich dominierenden Brauchtumspflege hin zur intensiveren Ausübung des Schießsports statt. Anfangs bestand die Mitgliederschaft der Schützenzünfte jedoch zunächst noch vielfach aus Kriegsveteranen.
Für das Bestehen einer (wehrfähigen) Schützengilde oder -zunft im mittelalterlichen Schönberg wurden bislang keine Belege gefunden. Anzeichen sprechen lediglich dafür, dass „bewaffnete Wachen“ in Schönberg Dienst taten.
Als Gründungsdatum der Schützenzunft zu Schönberg gilt der 20. Juli 1821. Am gleichen Tag des Vorjahres hatte Georg, Großherzog von Mecklenburg-Strelitz, Schönberg einen dort vielbeachteten Besuch abgestattet. Diesem Ereignis wollten die Schönberger künftig mit einem alljährlichen „Schießfest“ gedenken und so kam es am 20. Juli 1821 zum ersten Schönberger Königsschuss und zur Gründung der „Ersten Kompanie“ der Zunft. Flagge der Zunft war lange Zeit jene, welche anlässlich des Empfangs des Großherzogs angeschafft worden war, bis ihr im Jahre 1905 bei einem Besuch des Großherzogs Adolf Friedrich V. eine neue geschenkt wurde. Zeugnisse aus der Geschichte der Zunft befinden sich heute im Besitz des Schönberger Heimatmuseums.
Als Schönberg dann im Jahre 1822 das Stadtrecht erhielt, feierte die Schützenzunft zu Schönberg somit bereits ihren ersten Geburtstag – sie ist Schönbergs ältester Verein.
Ihr erster Vorsitzender, Hartwig Kniep, war der „Kapitän“, dem zwei Älteste, die „Schaffer“ zur Seite standen. Traditionell haben sich viele Schönberger Bürgermeister in der Schützenzunft engagiert, die Stadt selbst ist „Patriarch“ der Zunft.
Der Zulauf aus der Schönberger Bevölkerung war lange Zeit so groß, dass in den Jahren 1839, 1848 und 1872 drei weitere „Kompanien“ gegründet wurden. Nachdem sich die Schönberger Schützenbrüder nach 1823 zunächst mit zwei „Schießzelten“ und ab 1844 mit einer von einem Wall umgrenzten Schießbahn begnügen mussten, konnten sie – auch mit Unterstützung des Neustrelitzer Herrscherhauses – am 18. Januar 1877 ihr vereinseigenes Schützenhaus einweihen und in der Folge weitere Schießanlagen in Betrieb nehmen.
Das Schönberger Königsschießen wurde seither alljährlich am 21. Juli bzw. dem darauf folgenden Wochenende veranstaltet. Lediglich in Zeiten der Weltkriege, der deutschen Teilung und der sonstigen Katastrophen, z. B. der Cholera-Epedemie 1832 oder der Corona-Pandemie 2020 fiel das Schützenfest aus.
Nach dem Ersten Weltkrieg und dem Sturz der Monarchie kamen im Deutschland der Weimarer Republik grundlegend neue Formen radikaler Wehrverbände auf. Die demokratischen Strukturen der klassischen Schützenzünfte standen zunächst im Widerspruch zu den Organisationsformen dieser Verbände. Nachdem Adolf Hitler auf dem Erlasswege die „vor- und nachmilitärische Wehrerziehung des deutschen Volkes“ der SA übertragen hatte, zeichnete sich das Aus für die Schützenvereine ab – letztendlich kamen sie nicht mehr umhin, sich dem herrschenden System anzupassen, ihre Infrastruktur zu öffnen und sich nach 1933 gänzlich von der neuen Ordnung – insb. von NSDAP und SA – vereinnahmen zu lassen. Aus dem traditionellen Schützenhaus machte die NSDAP während ihrer Herrschaftszeit kurzerhand ihr Parteihaus.
Nach dem Zusammenbruch des Deutschen Reiches 1945 verboten die Besatzungsmächte die Schützenvereine als „uniformierte Waffenträger“ zunächst ganz. Mit der Gründung der Bundesrepublik wurden sie im Westen dann schnell wieder zugelassen. Im Osten blieb das Verbot bestehen – in der DDR konnte der Schießsport nur noch unter staatlicher Aufsicht im Deutschen Turn- und Sportbund bzw. der Gesellschaft für Sport und Technik betrieben werden. Erst in Folge der Umbrüche nach 1989 sollten auch hier die „alten“ Vereine wieder aufleben und zahlreiche Neugründungen erfolgen.
Zunächst mussten jedoch nach 1945 die Schützenzünfte alle Betätigungen einstellen und die Enteignung ihres Vermögens und die Zerstörung ihrer Schießanlagen hinnehmen. Auf der Grundlage eines Akts von 1947 erfolgte die Überführung des großen Grundvermögens der Schönberger Zunft in das Volkseigentum. Träger war anfänglich das Land Mecklenburg und seit April 1953 die Stadt Schönberg. Eine Rückübertragung des Vereinsvermögens ist nie erfolgt. Das jetzige Vereinsgelände kaufte die Zunft in den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts von der Stadt Schönberg.
Noch vor dem Beitritt der DDR zum Grundgesetz wurde im Februar 1990 das erste Vereinsgesetz der DDR verabschiedet. Dies ermöglichte es der Schützenzunft, ihr Vereinsleben neu aufzunehmen. Auf Initiative des damaligen Schönberger Bürgermeisters und Schützenbruders Rudolf Volk und mit Unterstütztzung durch den Oberst der Ratzeburger Schützengilde, Walter Benthin,
erfolgte am 3. August 1990 mit 15 Gründungsmitgliedern die Neugründung der Zunft.
Zugleich wurde die „Wache“ der Zunft gegründet – eine „Ehrengarde“, die zu ausgewählten Anlässen wie dem Könisgschießen, Hochzeiten, aber auch Beisetzungen die Tradition des Salut-Schießens pflegt.
Im Juli 1994 wurde – nach 54jähriger Pause – wieder ein Schönberger Schützenfest gefeiert. Die neue Königskette war eine Spende in der Zunft organisierter Schönberger Handwerker.
Im April 2008 begann die Zunft mit dem Bau ihres neuen Schützenhauses, der nahezu ausschließlich durch eigene Arbeitsleistungen, Geld- und Materialspenden realisiert werden konnte.
Die Diskreditierung einer Vielzahl alter Traditionen als Ausdruck der deutschen Vergangenheitsbewältigung nach 1945, die politisch-gesellschaftlichen Umbrüche und ein daraus folgendes reformiertes Wertesystem in Folge der 1968er-Bewegung im Westen und die seither ständig gewachsene Ablehnung von Uniformen und Waffen im nunmehr wieder vereinten Deutschland haben bewirkt, dass sich die Schützenvereine zunehmend auf den sportlichen Inhalt des Schützenwesens konzentrieren.
Dessen ungeachtet beschloss die deutsche Kultusministerkonferenz im Dezember 2015, das Schützenwesen als Kulturform in das Bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes aufzunehmen. Diese Ehrung im Sinne des Übereinkommens zur Erhaltung des Immateriellen Kulturerbes der UNESCO ist am 11. März 2016 erfolgt.
Die Schönberger Schützenzunft ist über den Landesschützenverband Mecklenburg-Vorpommern im größten deutschen Schützenverband, dem Deutschen Schützenbund, und über den Landessportbund Mecklenburg-Vorpommern im Deutschen Olympischen Sportbund organisiert und heute in erster Linie ein der eigenen Tradition verpflichteter Sportverein.
Für besondere Verdienste um die Pflege und die Entwicklung des Sports wurde die Schönberger Schützenzunft im Jahr 2018 mit der Sportplakette des Bundespräsidenten, der höchsten staatlichen Auszeichnung für Turn- oder Sportverbände und -vereine in der Bundesrepublik Deutschland, geehrt.
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Quellen:
Auszüge aus diesem Abriss stammen aus einem Zeitungsartikel aus dem Jahr 1939 von Fritz Buddin und wurden vom Schützenbruder und langjährigen Kapitän der Schützenzunft zu Schönberg von 1821 e.V., Horst Ketzler, im Jahre 2007 überarbeitet und ergänzt,
Archivmaterial Horst Ketzler www.
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